Theoretisches oder praxisorientiertes Training – diese Methoden sind wirklich zielführend

Das ideale Training befasst sich sowohl mit der Theorie als auch mit der Praxis, damit die Teilnehmer das vermittelte Wissen sofort anwenden und auf diese Weise besser verinnerlichen können. Aber in welchem Verhältnis sollten theoretische und praxisorientierte Elemente zueinanderstehen? Und woran liegt es, dass selbst viele interessant gestaltete Trainings später kaum im Arbeitsalltag umgesetzt werden?

Wird die Wissensvermittlung immer theorielastiger?

Theorie oder Praxis – welcher Teil ist wichtiger für einen wirksamen Lerneffekt? In unserer modernen Welt werden viele Bereiche immer theoretischer. Jedes Jahr kommen neue Studiengänge hinzu, für ursprüngliche Ausbildungsberufe. Ausbildungen dauern länger und die Studienliteratur wird umfangreicher – der Fokus liegt auf einer umfassenden Wissensvermittlung, die zweifelsohne wichtig ist.

Gleichzeitig beklagen sich viele Arbeitgeber, dass neue Arbeitnehmer vor lauter Theorie kaum Praxiswissen haben und erst einmal im Unternehmen ausgebildet werden müssen, bevor sie ihrem Beruf nachgehen können. Trotzdem legen auch viele Führungstrainings, Vertriebstrainings oder Change-Trainings den Schwerpunkt auf die Vermittlung theoretischen Wissens. Verlieren wir uns als Gesellschaft also in der Theorie und vergessen, dass sie nur eine Vorstufe für die Praxis sein kann? Dieser Beitrag stellt die Frage nach dem idealen Verhältnis von Theorie und Praxis für ein effektives Training.

Am Anfang war die Praxis

Wer sich in einen neuen Lebensbereich begibt, lernt nahezu nur aus der Praxis. Über “trial and error” – Versuche, Fehler und Erfolge – kommt schließlich Schritt für Schritt ein Wissensfundus zusammen, der den Handelnden auf Dauer zum Experten macht. Das ist ein langwieriger und oft teurer Prozess, weil versuchsweise ausprobiert werden muss, was gelingt und was nicht. Gleichzeitig ist diese Herangehensweise besonders lehrreich – ein Fehler wird selten wiederholt und führt zu einer bleibenden Erkenntnis.

Die Theorie fasst die Lerneffekte der Praxis zusammen

Heute ist es so, dass in den meisten Lebensbereichen Experten zur Verfügung stehen, die Anfängern helfen können. Sie haben ihre Erfahrungen aus der Praxis zusammengefasst und vermitteln ihr geballtes Wissen in Büchern, Kursen, Trainings, etc. Dies erleichtert Laien den Start und verhindert, dass sie dieselben Fehler machen müssen, die ihre Vorgänger durchgemacht haben. Stattdessen eignen sie sich das daraus erhaltene Wissen an, noch bevor sie auch nur den ersten Schritt in der Praxis gehen müssen. Auf diese Weise können sie von Anfang an verschiedene Strategien miteinander vergleichen und sich für die entscheiden, die für ihr Vorhaben am sinnvollsten ist.

Die Theorie ist wichtig, die Praxis ist entscheidend

Die Vermittlung von theoretischem Wissen ist deshalb zweifelsohne ein wichtiger Aspekt, gerade dann, wenn ein völlig unbekanntes Feld neu erschlossen werden soll. Darum ist der theoretische Teil von Ausbildungen und Weiterbildungen in den letzten Jahrzehnten gefühlt exponentiell gewachsen.

Geht die Vermittlung von theoretischem Wissen aber zulasten der praktischen Anwendung, können die Lernenden ihr oft breit gefächertes Wissen in ihrem Alltag kaum bis gar nicht nutzen. Es fehlen der Kontext und die Erfahrung, die Theorie in der Praxis anzuwenden.

Ein Beispiel – möchte ein Kind Fahrrad fahren lernen, können sich seine Eltern noch so sehr in Erklärungen verlieren. Setzt sich das Kind auf das Rad, wird es die ersten Male trotzdem noch fallen. Die entscheidenden Grundbausteine für den Erfolg legt es erst dann, wenn es tatsächlich in die Pedalen tritt.

Theorielastige Trainings – langwierige Erklärungen ohne Praxisbezug

Ein berufliches Training wie zum Beispiel ein Führungstraining, Change-Training oder Vertriebstraining richtet sich an Mitarbeiter oder Führungskräfte, die längst keine Laien mehr sind. Es geht darum, ihre Kompetenzen effektiv zu steigern und ihre Fähigkeiten mit den richtigen Kniffen langfristig auf die nächste Stufe zu heben.

Den Teilnehmern von beruflichen Trainings fehlt es oft nicht am grundlegenden theoretischen Basiswissen. Es geht vielmehr darum, auf den vorhandenen Kenntnissen aufzubauen, sie zu erweitern und mit praktischen Übungen und Anwendungsbeispielen das Fingerspitzengefühl zu vermitteln, das sie in ihrem beruflichen Alltag weiterbringt.

Stattdessen setzen viele Leiter von Trainings für Arbeitnehmer oder Führungskräfte auf langwierige theoretische Erklärungen, sodass der wichtige praktische Teil zu kurz kommt. Infolgedessen langweilen sich die Teilnehmer, schweifen ab und verzeichnen kaum einen spürbaren Lernerfolg.

Welche Vorteile bieten praxisbezogene Trainings?

Ein praxisbezogenes Führungstraining, Change-Training oder Vertriebstraining baut auf ein kurzes, aber intensives theoretisches Fundament auf. Nach der Vermittlung des notwendigen Wissens lernen die Teilnehmer direkt, wie sie es in der Praxis anwenden. Auf diese Weise setzen sie die Inhalte sofort in einen Kontext und füllen sie mit Leben. So bleiben sie besser im Gedächtnis und sind unmittelbar im Arbeitsalltag einsatzbereit.

Trainings für Arbeitnehmer und Führungskräfte sind darauf ausgelegt, im Arbeitsalltag einen direkten und spürbaren Mehrwert zu schaffen. Sie sollen in kurzer Zeit in Form von neuen Fähigkeiten ein brauchbares Handwerkszeug zur Verfügung stellen, das sofort verwendet werden kann und aktuelle oder bevorstehende Probleme löst. Ein intensiver Praxisbezug bildet die Brücke zwischen der wertvollen Theorie und dem gewünschten Mehrwert für den individuellen Menschen.

Hinzu kommt, dass praxisbezogene Trainings die Motivation der Teilnehmer auf einem hohen Niveau halten und verhindern, dass wichtige Inhalte aufgrund von mangelnder Konzentration nicht aufgenommen werden.

Praxisbezogene Trainings – (k)eine gute Idee für introvertierte Teilnehmer?

Neue und ungewohnte Situationen im beruflichen Kontext können Hemmschwellen kreieren. Wer vor den Kollegen im Training eine neue Fähigkeit erlernen und sie direkt vorführen soll, wird nicht selten von Lampenfieber geprägt. Die vermeintliche Lösung ist naheliegend: Um unangenehme Situationen zu vermeiden, setzen Unternehmen auf Trainings, in denen die Teilnehmer ausschließlich passiv auf ihren Stühlen sitzen, dem Vortragenden zuhören und möglichst nicht einbezogen werden.

Diese Variante verlagert das Problem aber nur nach hinten. Wer das Erlernte schon nicht vor seinen Kollegen üben und festigen möchte, hat vor Kunden oder den Mitarbeitern anderer Firmen eine noch viel größere Hemmschwelle. Deshalb laufen Teilnehmer von rein passiven Vorträgen Gefahr, das gesammelte Wissen aus diesem Grund nicht in die Praxis umzusetzen.

Daher gilt: Sowohl extrovertierte als auch introvertierte Teilnehmertypen profitieren von Trainings mit einem großen Praxisbezug. Je früher etwaige Hemmungen gebrochen werden, desto schneller kann der gewünschte Lernerfolg eintreten.

Einen schönen Kompromiss bilden Trainings mit Gruppenübungen. Dabei sieht sich kein Teilnehmer isoliert im Mittelpunkt, sondern arbeitet stets mit anderen Kollegen zusammen. Auf diese Weise können auch Introvertierte von der unmittelbaren praktischen Umsetzung profitieren und in ihrem Tempo über sich hinauswachsen.

Theoretische vs. praktische Trainings – Fazit

Die Theorie ist insbesondere dann wichtig, wenn die lernende Person noch am Anfang steht. Je weiter sie aber in ihrem Prozess fortschreitet, desto mehr Bedeutung erlangt die praktische Herangehensweise. Wer seine Studien- und Ausbildungsjahre hinter sich gelassen hat und im Beruf steht, profitiert von einem starken Praxisbezug. Nun rückt nämlich die Umsetzung im Arbeitsalltag und die Einbindung der erlernten Fähigkeiten in die individuelle berufliche Position in den Vordergrund. Dies birgt die gleichen Vorteile für unterschiedliche Persönlichkeitstypen, die die wertvolle Möglichkeit erhalten, die ersten Testläufe in einem geschützten Umfeld durchzuführen.

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