Wenn vom Lernen die Rede ist, denken die meisten sofort an ihre Schulzeit. Doch Lernen ist mehr als das langweilige Auswendiglernen mathematischer Formeln und lateinischer Vokabeln. Aus psychologischer Sicht gesehen, lernen wir tagtäglich, ohne es überhaupt zu beabsichtigen. Wir lernen aus unseren Erfahrungen und unserer Umwelt und eignen uns ständig neue Verhaltensweisen an. Wer die Psychologie des Lernens erstmals versteht, kann anschließend mit bewährten Lerntechniken und Lernmethoden seinen Lernprozess verbessern und lernen ganz einfach lernen!
Was ist Lernen psychologisch gesehen?
Wenn man Lernen psychologisch betrachtet, bilden die Erfahrungen, die wir im Leben machen unsere Basis. Ständig nehmen wir dabei neue Informationen auf, bewerten diese und wandeln sie in neue Verhaltensmuster um. Zwar kann man den Lernprozess nicht aktiv von außen beobachten, doch zeigt sich Gelerntes grundsätzlich in sichtbarer Leistung. Ob jemand beispielsweise gelernt hat zu schwimmen, erkennt man, wenn diese Person aktiv schwimmt. Solche erlernten Fähigkeiten bleiben meist auch über einen langen Zeitraum erhalten. Auch wenn wir jetzt beispielsweise fünf Monate nicht schwimmen würden, würden wir das Schwimmen nicht einfach so verlernen.
Iwan Pawlow – Das Phänomen der klassischen Konditionierung
Der bekannte Physiologe Iwan Pawlow erkannte während seiner Forschungsarbeit, dass der Speichelfluss von Hunden nicht nur dann zunimmt, wenn sie Futter sehen, sondern bereits, wenn sie die Person sehen, die ihnen das Futter bringt.
Um diesem Phänomen auf den Grund zu gehen, führte Pawlow einige Experimente mit Hunden durch. Vor jeder Hunde-Fütterung ließ er dabei eine Glocke läuten. Nach vielen Wiederholungen begannen die Hunde bereits beim Klang der Glocke zu speicheln. Die klassische Konditionierung wurde geboren.
Den Kern bilden die Reflexe. Hierbei versteht man ungelernte Reaktionen, die durch bestimmte Reize entstehen. Bei den Hunden im Beispiel ist der Reflex (das Speicheln) eine Reaktion, die beim Anblick des Futters entsteht. Diese Reaktion wird ohne vorheriges Lernen ausgelöst und wird dementsprechend als unkonditionierte Reaktion bezeichnet.
Die Glocke ist ein neutraler Stimulus. Grundsätzlich speicheln Hunde ja nicht beim Glockenklang. Doch wenn ein neutraler Stimulus mehrfach mit einem umkonditionierten Stimulus, wie beispielsweise dem Hundefutter kombiniert wird, entsteht eine konditionierte Reaktion. In Pawlows Beispiel wäre das der Speichelflus
So funktioniert Lernen
Über die Sinnesorgane, wie die Ohren, Augen, Nase und Haut nehmen wir Informationen auf, die dann im Gehirn verarbeitet und je nach Qualität der Informationen im Kurz-, Ultrakurz- oder Langzeitgedächtnis gespeichert werden. Wie lange wir neugelernte Informationen jedoch behalten, hängt nicht nur von der Wichtigkeit der Information ab, sondern eben auch, wie diese in unser Gedächtnis gelangt. Je aktiver die Informationsaufnahme dabei ist und je mehr Kanäle dabei gleichzeitig angesprochen werden, desto länger bleibt die Information auch im Gedächtnis erhalten.
Lerntechniken – Mentale Vorbereitung
Wir lernen unser ganzes Leben lang, ob wir es wollen oder nicht. Wie bereits erwähnt lernen wir vieles ganz automatisch. Doch es gibt auch Themen und Stoffe, die einfach nicht hängenbleiben wollen, die wir jedoch trotzdem in der Schule oder Arbeit lernen müssen. Hierbei hilft es erstmals, sich mental auf das Lernen vorzubereiten:
- Warum ist es wichtig, das jeweilige Thema zu lernen? Geht es nur darum, eine Klausur zu bestehen oder könnte dabei auch eine Beförderung/Gehaltserhöhung herausschauen?
- Hat man am Thema Interesse? Wie kann man Interesse wecken?
- Gibt es zum Thema auch einen Praxisbezug zur sonstigen Arbeit?
Bevor man mit dem Lernen startet, ist es wichtig sich mit dem Thema kurz gedanklich auseinanderzusetzen. Was sind die Ziele und Erwartungen?
Wenn man es dabei irgendwie schafft, sich für das Lernen zu motivieren, ist das bereits die halbe Miete. Denn je mehr Begeisterung dahintersteckt, desto leichter wird der Lernprozess letztendlich auch sein.
Lernen lernen mit bewährten Lernmethoden
Lernmethoden sind Hilfsmittel, die dabei helfen, sich gewisse Informationen besser einzuprägen. Bei den Lernmethoden ist es wichtig zu wissen, dass sich nicht alle Lernmethoden für jeden Lerntyp und jedes Thema gleich gut eignen. Wer sich nicht sicher ist, welche Lerntechnik am besten zu sich selbst bzw. dem Thema passt, probiert sie am besten mehrere aus.
1. Mind-Mapping
Hierbei handelt es sich um visuelle Diagramme, die mit Symbolen, Zeichen und Stichworten ausgefüllt werden können, um eine inhaltliche Verknüpfung zum Lernstoff darzustellen. Beim Lernen kann man sich so Kernaussagen visualisieren und die Informationen so besser aufnehmen. Vor allem, wenn man ein visueller Typ ist, kann das selbstständige Aufzeichnen und Zusammenfassen des Lernstoffes sehr hilfreich sein.
2. Lerngruppe
Das Positive an Lerngruppen ist, dass sie sehr interaktiv funktionieren. Der Stoff wird so über verschiedene Lern-Kanäle aufgenommen und besser eingeprägt. In Lerngruppen kann man den Stoff zusammen erarbeiten, verstehen und das Gelernte in der Gruppe diskutieren.
3. SQ3R-Methode
Hierbei handelt es sich um eine beliebte Lernmethode, die dem bestmöglichen Erfassen von einzelnen Texten dient.
- Survey
- Question
- Read
- Recite
- Review
Zuerst verschafft man sich einen Überblick (Survey) über den Text, Skript oder Buch und liest sich die Unterkapitel, Überschriften etc. durch. Nun erstellt man zum Thema Fragen (Question). Frageformulierungen aktivieren im Gehirn aktives Arbeiten und Denken. Als nächstes wird der Text in kleineren Abschnitten mehrmals gelesen und das Wichtigste mit einem Marker hervorgehoben (Read). Nach jedem Abschnitt sollte man das Gelesene gedanklich zusammenfassen und wiedergeben. (Recite). Zu guter Letzt kann man sich das Gelernte noch einmal Stichpunktartig zusammenfassen, beispielsweise im Karteikartenformat (Review).
4. Mnemotechnik und Loci-Methode
Die Mnemotechnik Lernmethode wird oft mit der Verwendung von Eselsbrücken gleichgesetzt. Es geht also darum, sich mit Hilfe von Reimen, Merksätzen oder Grafiken Merkhilfen zu kreieren. Besonders hilfreich ist diese Lerntechnik, wenn es darum geht sich eine bestimmte Reihenfolge zu merken. Beispielsweise die Notennamen: Geh du alter Esel, Heu holen!
Die Loci-Methode ist eine Variation der Mnemotechnik, bei der man sich zum Sachverhalt eine kurze Geschichte ausdenkt.
5. Wiederholung ist die Mutter des Lernens und Könnens!
Durch ständige Wiederholung signalisieren wir dem Gehirn, dass der entsprechende Inhalt wichtig ist und wir diesen noch brauchen. Grundsätzlich gilt hierbei, dass ein Inhalt nach dem sechsmaligen Wiederholen dauerhaft im Gedächtnis gespeichert ist.
Sich nicht selbst im Weg stehen
Viele scheitern beim Lernen, weil sie ihren Erfolg selbst behindern. Sei es mit schlechten Glaubenssätzen, fehlender Konzentration oder Schlafmangel. Wer sich täglich einredet, dass er das so und so nicht kann bzw. nicht schafft, der wird es vermutlich auch nicht schaffen. Eine positive Lerneinstellung haben, sich ein Umfeld schaffen, indem man konzentriert lernen kann, sowie guter Schlaf sind Grundvoraussetzungen für effektives Lernen!