Wir alle wissen, dass wir aus unseren Fehlern lernen können. Seit unseren Kindheitstagen wird uns beigebracht, dass eine Niederlage oder ein Scheitern auch stärkend auf uns einwirken kann – sofern wir die richtigen Schlüsse daraus ziehen und die gemachten Fehler analysieren.
Die Analyse unserer eigenen Fehler gibt uns Aufschluss darüber, warum wir gescheitert sind und was wir hätten anders machen können, um erfolgreich zu sein. Es kann uns auch helfen, ähnliche Fehltritte in der Zukunft zu vermeiden und erneut zu scheitern. Über dieses Thema wurde schon viel geschrieben. Tatsächlich muss man diese Fehler nicht einmal selbst machen, um daraus zu lernen. Die Misserfolge anderer Menschen reichen aus und können als Warnzeichen diesen, um selbst achtsamer zu handeln.
Doch was ist mit unseren Erfolgen und den Dingen, die uns gelingen? Lernen wir aus diesen gar nichts? Es gibt aktuelle Studien, die sich zum Teil stark widersprechen. Aus welchem Zustand lernen wir nun mehr – aus unseren Erfolgen oder aus unserem Scheitern?
Im folgenden Artikel werden die folgenden Themen behandelt:
- Warum Scheitern wichtig ist und wie man daran wachsen kann.
- Was wir aus unseren Erfolgen lernen und wie wir sie wiederholen können.
- Wie wir unsere Erfolge analysieren können, um die Chance auf einen erneuten Erfolg zu erhöhen.
Scheitern soll uns vor einem emotionalen Tod bewahren
Sie wollen nicht scheitern. Sie wollen auch nicht sterben. Niemand möchte das. Das mag extrem klingen, aber Ihr Gehirn und Ihre Gefühle können nicht zwischen diesen beiden Dingen unterscheiden. Sie wollen keine Fehler machen, sich nicht schämen und sich nicht blamieren. Also tun Sie alles, was in Ihrer Macht steht, um so viele Informationen wie möglich zu sammeln und Szenarien zu entwerfen, die sicherstellen, dass das, was Sie vorhaben, so gut wie sicher vor dem Scheitern ist.
Doch lernen wir nur aus dem Scheitern? Oder können wir auch aus unseren Erfolgen etwas lernen? Ist es nicht genauso lehrreich, einen verbuchten Erfolg zu analysieren, um diesen wiederholen zu können?
In einer am Massachusetts Institute of Technology (MIT) veröffentlichten Studie mit dem Namen Why We Learn More From Our Successes Than Our Failures wurde untersucht, wie unser Gehirn mit Erfolg und Misserfolg umgeht.
“We have shown that brain cells keep track of whether recent behaviors were successful or not,” Miller said. Furthermore, when a behavior was successful, cells became more finely tuned to what the animal was learning. After a failure, there was little or no change in the brain — nor was there any improvement in behavior. The study sheds light on the neural mechanisms linking environmental feedback to neural plasticity — the brain’s ability to change in response to experience. It has implications for understanding how we learn, and understanding and treating learning disorders.
Was haben die Forscher am MIT untersucht?
Affen bekamen die Aufgabe, abwechselnd zwei Bilder auf einem Computerbildschirm zu betrachten. Bei einem Bild wurde das Tier belohnt, wenn es seinen Blick nach rechts richtete, bei einem anderen Bild sollte es nach links schauen. Die Affen fanden durch Ausprobieren heraus, welche Bilder welche Bewegungen auslösten.
Die Forscher fanden heraus, dass unabhängig davon, ob die Antworten der Tiere richtig oder falsch waren, Signale in bestimmten Teilen ihres Gehirns mehrere Sekunden lang mit den Auswirkungen ihrer Antworten »mitschwangen«. Die neuronale Aktivität, die auf eine richtige Antwort und eine Belohnung folgte, trug dazu bei, dass die Affen bei der Prüfung, die ein paar Sekunden später anstand, besser abschnitten.
Wenn der Affe gerade eine richtige Antwort erhalten hatte, blieb in seinem Gehirn ein Signal zurück, das besagte: »Du hast das Richtige getan.« Unmittelbar nach einer korrekten Antwort verarbeiteten die Neuronen die Informationen schärfer und effektiver, und der Affe hatte eine höhere Wahrscheinlichkeit, auch die nächste Antwort richtig zu beantworten«, so Miller, »aber nach einem Fehler gab es keine Verbesserung. Mit anderen Worten: Nur nach Erfolgen, nicht nach Misserfolgen, verbesserten sich die Gehirnverarbeitung und das Verhalten der Affen.
Auch die Universität Chicago kam in einer Studie im Jahr 2019 zu der Erkenntnis, dass das Lernen aus Fehlern nicht unbedingt die beste Voraussetzung sei, um zu lernen.
Wie Sie Ihren Erfolg nicht sabotieren
Was können wir nun mit diesem Wissen anfangen? Viele von uns sind immer auf ein mögliches Scheitern fokussiert und tun alles, um das zu vermeiden. Wir konzentrieren uns fortwährend auf die Frage: »Was wäre, wenn …?« Was wäre, wenn Sie die E-Mail mit der Bitte um ein Treffen mit einem Investor verschickt und nicht nur bekommen, sondern auch die Investition gesichert hätten? Was wäre, wenn Sie zu dieser attraktiven Person gegangen wären und sie so aufgeschlossen und begeistert gewesen wäre, dass Sie das Gefühl gehabt hätten, sie hätte nur darauf gewartet, dass Sie es tun? Was wäre, wenn Sie ins Fitnessstudio gingen, sich auf das Laufband stellten und es sich ziemlich leicht anfühlte?
Wenn Sie sich nicht darauf vorbereiten, was passiert, wenn Sie Erfolg haben, ist es nicht verwunderlich, dass Sie, wenn es passiert, keine Ahnung haben, was Sie unternehmen sollen. Wenn Menschen ein gewisses Maß an Erfolg erreichen, das sie nicht erwartet oder auf das sie sich nicht vorbereitet haben, verlieren sie oft die Haltung.
Wenn man solche Angst vor dem Scheitern hat, setzt man seine ganze Energie darauf, es zu vermeiden. Man erlebt diesen Umstand vorwiegend dann, wenn Kunden mehr Informationen recherchieren, anstatt das anzuwenden, was sie bereits wissen. Das letzte Stückchen Information gibt es nicht, aber trotzdem sucht man danach.
Denken Sie über Erfolg genauso nach wie über Misserfolg
Was wäre, wenn Sie den Erfolg planen und vorbereiten würden?
Das ist es, was Sie auf jeden Fall wollen.
Wenn Sie Ihre Energie darauf verwenden, Misserfolge zu vermeiden, ist es möglich, dass Sie sie unbewusst manifestieren. Wenn das stimmt, kann es sein, dass Sie ein anderes Szenario schaffen, wenn Sie Ihre ganze Energie auf den Erfolg verwenden. Also warum drehen wir die Energien dann nicht um und versuchen, uns von Anfang an auf Erfolg zu programmieren?
Die meiste Zeit unseres Lebens haben wir so viel Zeit und Energie darauf verwendet, Misserfolge zu vermeiden. Wenn Sie dies umkehren, indem Sie den Erfolg planen, also genau das, was Sie wollen, konzentrieren Sie Ihre Energie darauf. Wenn er dann eintritt, sind Sie nicht überrascht oder überwältigt. Stattdessen wird er zu einem Teil Ihres Plans.
Der einzige Unterschied besteht darin, dass die Angst vor dem Scheitern etwas ist, von dem Ihr Verstand glaubt, Sie hätten ausreichend Erfahrung, um damit vertraut zu werden. Damit haben Sie jetzt die Chance, eine ähnliche, kraftvollere Beziehung zu Ihrer Angst vor dem Erfolg aufzubauen, etwas Neues und Unbekanntes für Sie – vorerst.
Diese Verschiebung kann Ihr Leben verändern, indem Sie Ihren Fokus auf das Scheitern und die »was wäre, wenn« beschränken und sich stattdessen darauf konzentrieren, was zu tun ist, wenn Sie erfolgreich sind. Selbst wenn Sie diese Sprache verwenden, wird der Erfolg unausweichlicher.
Wir neigen dazu, Erfolg mit harter Arbeit oder mit Zufall bzw. Glück zu erklären. Sicherlich sind die genannten Aspekte Faktoren des Erfolgs. Doch Sie sollten sich niemals damit zufriedengeben, sich Ihren Erfolg mit Glück oder Zufall zu erklären. Denn damit es zum Erfolg gekommen ist, müssen Sie im Vorfeld (bewusst oder unbewusst) einige Dinge richtig gemacht haben.
Man kann Erfolg planen, indem man bisherige Erfolge analysiert. Das können Sie einfach anhand der folgenden Schritte tun.
Fünf Schritte, um den Erfolg zu analysieren
- 1. Beschreiben Sie Ihren Erfolg: Der erste Schritt zur Problem- oder Erfolgslösung besteht darin, genau zu wissen, was passiert ist, und alle relevanten Details des Ereignisses zu kennen. Fragen Sie relevante Personen, die an dem Prozess beteiligt waren, und gehen Sie so nah wie möglich an den Prozess heran. Fragen Sie nach, was gut gelaufen ist.
- 2. Warum war es ein Erfolg? Basierend auf dem, was Sie in Schritt 1 gelernt haben, ist es an der Zeit, dieses Wissen zu destillieren und den Grund für den Erfolg herauszufinden. Welche Punkte waren dafür entscheidend, dass Sie den Vorzug vor den Mitbewerber:innen erhalten haben? Welche Stärken haben Kund:innen oder Auftraggeber:innen am Ende von Ihnen und/oder Ihrem Unternehmen überzeugt? Was haben Sie dieses Mal vielleicht anders gemacht als bei anderen Projekten?
- 3. Den Erfolg aufrechterhalten: Sie haben herausgefunden, warum der Erfolg eingetreten ist – jetzt ist es an der Zeit, den Erfolg aufrechtzuerhalten. Vielleicht müssen Sie vorübergehend einen Arbeitsstandard ändern? Was können Sie und Ihre Mitarbeiter:innen aus dem Erfolg lernen? Welche Prozesse gilt es nun im Alltag zu verankern? Gibt es vielleicht auch Dinge, die verworfen werden müssen?
- 4. Dauerhaftes Lernen: Verankern Sie das Gelernte, indem Sie die entsprechenden Anpassungen an den relevanten Geräten, Verfahren, Systemen usw. vornehmen. Kommunizieren Sie das Gelernte klar und deutlich an alle, die an dem betroffenen Prozess beteiligt sind. Dadurch wird nicht nur sichergestellt, dass die Mitarbeiter:innen eine bessere Vorgehensweise erlernen, sondern auch, dass sie an den jüngsten Erfolg erinnert werden, was wiederum als Motivationsschub wirkt.
- 5. Empfohlene Vorgehensweise weitergeben: Gibt es in Ihrem Unternehmen Abteilungen, die von Ihrem Erfolg lernen können? Stellen Sie sicher, dass Sie Ihren Erfolg und die Lösung für seine Verankerung mit den relevanten Interessengruppen teilen.
Abschließende Überlegungen
Eine stark problemorientierte Kultur kann sich zu einer Kultur entwickeln, in der wir vergessen, unsere Erfolge zu würdigen. Das Konzept der Erfolgskontrolle besteht auch darin, das Bewusstsein für unsere Erfolge zu schärfen und die Menschen an die guten Dinge zu erinnern, anstatt sich nur auf die schlechten zu konzentrieren. Übertreiben Sie es nicht. Nutzen Sie es als Instrument, um zu lernen und zu feiern.
Ferner hat das Experiment des MIT gezeigt, dass Erfolge und weiter nach vorn bringen als Fehleranalysen von gescheiterten Situationen. Es ist also möglich, aus dem Erfolg zu lernen.
Abschließend bleibt aber festzuhalten, dass man aus Erfolgen und Fehlern lernen kann und sollte. Erfolge sollte man nicht als selbstverständlich hinnehmen, sondern aus als eigene Leistung akzeptieren. Leider sind wir Menschen anfällig dafür, negativen Ereignisse mehr Beachtung zu schenken als positiven (Negativitätsverzerrung). Durch eine tiefgreifende Analyse des eigenen Erfolgs kann sich das aber ändern.